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ZEG_Chronicle

78 Dinkel führte dann die Berechnung von Life tables für alle Deutschen Geburtskohorten von 1900 an durch. Das war die erste vollständige Sterbetafel für Deutschland insgesamt und die beidenTeilstaaten. Daraus ließ sich bei weiteren Analysen schlussfolgern, dass der Unterschied in der jetzigen Lebenserwartung von Ost und West offensichtlich den Herzkreislaufkrankheiten zuzuordnen war.32 Während Migration, Umweltverschmutzung oder Unterschiede in der Gesundheitsversorgung für keinen größeren Anteil des Lebenserwartungsunterschiedes verantwortlichgemachtwerdenkonnten,gabesHinweise darauf, dass lebensstil-bezogene und soziale Merkmale die ungünstigere Lebenserwartungskurve im Osten beeinflusst haben dürften im Vergleich zur schneller steigenden Lebenserwartungskurve im Westen. Der Hintergrund könnte im deutlich ansteigenden Blutdruck- und Cholesterolspiegel in den 1960er und 1970er Jahren in Ostdeutschland (siehe unten) sowie einem im Mittel höheren sozialen Status (höheres Bildungsniveau und geringerer Anteil an Anteil an Arbeitern), einem höheren Gross National Product sowie einem höheren Anteil des GNP für gesundheitsrelevante Ausgaben des Staates im Westen zu sehen sein. Der ungünstige Trend des Risikofaktorenprofils der Bevölkerung33 seit den 1960erJahren konnten allerdings nur für Ostdeutschland belegt werden, da relevante Untersuchungen im Westen leider nicht vorlagen, um SchlussfolgerungenzurEntwicklungdeskardiovaskulären Risikoprofils in Westdeutschland ableiten zu können. Aus verlässlichen ostdeutschen epidemiologischen Studien wurden die Änderungen des Risikoprofils der 25- 64jährigen Bevölkerung von 1968 bis 1992 beschrieben, d.h.dermittlerediastolischeundsystolischeBlutdruck(DBP, SBP),dermittlereGesamtcholesterolspiegel(CHOL),sowie der Body Mass Index (BMI) und Zigarettenrauchen. Der mittlere SBP stieg bei Männern in älteren Altersgruppen, fiel hingegen bei Frauen über diesen Zeitraum. Der mittlere CHOL-spiegel zeigte einen starken Anstieg bei beiden Geschlechtern und zeigte erst Mitte der 1980er einer Plateaubildung, allerdings auf hohem Niveau. Der mittlere Körpergewichtsindex (BMI) stieg leicht bei Männern der mittleren Altersgruppe an, blieb aber fast unverändert bei den Frauen. Die Prävalenz des Zigarettenrauchens stieg bei Männern wie Frauen bis zu den 1970er und begann danach bei Männern über 40 Jahre abzufallen. Eine ansteigende Tendenz des Rauchens fand sich allerdings bei Frauen und jungen Altersgruppen nachdem die Mauer gefallen war. Im Rahmen des DDR-MONICA Projekts wurden sehr große Bevölkerungssurveys durchgeführt: Es waren Zufallsstichroben aus der Bevölkerung im Alter von 25-64 Jahren: n= 8479 (1982-1984), n= 9533 (1987-1989) und n= 2330 (1991-1994), die in 17 Kreisen lebten (bis 1989) aber nur noch drei Kreise, die den letzten MONICA Survey noch auf eigene Kosten durchführen konnten, hielten bis zum Ende des Projekte durch. Diese Untersuchung bestätigte das oben beschriebene Risikoprofil und den Trend34: Hohe Hypertonieprävalenz (um 30%) und nur bei Frauen ein schwacher Trend zum Abfall (von 29% auf 25%). Der Anteil effektiv behandelter Hypertoniker mit „normalisiertem Blutdruck“ war viel zu niedrig (12-14% bei Männern und 20-25% bei Frauen). Zuletzt gab es einen schwachen Abwärtstrend der Häufigkeit von Hypercholesterinämie, der Anteil von Personen mit Übergewicht blieb noch etwa konstant und der Anteil der Raucher bei Männern war abgefallen, aber leicht angestiegen bei Frauen. Insgesamt könnten diese Trends die These stützen, dass die zunehmend ungünstigere Lebenserwartung im Osten imVergleich zumWesten ab Mitte der 1970er Jahre zumindest teilweise durch ein sich verschlechterndes Risikoprofil der Ostdeutschen Bevölkerung mitbedingt sein könnte, d.h. neben Unterschieden in den sozioökonomischen Merkmalen. Untersuchungen zur körperlichen Aktivität im Rahmen der MONICA-Substudie35 und darüber hinaus zeigten mit einem standardisierten Instrument Unterschiede in der körperlichen Aktivität und das aufgeteilt nach Typ der Aktivitäten (in Zeit und Kilokalorien pro Woche) während der beruflichen Arbeit, im Haushalt, dem Arbeitsweg und der Freizeit. Diese relativ zeitaufwendigen Untersuchungen wurden in Kooperation mit CDC Atlanta (USA) durchgeführt, konnten aber nach der Wiedervereinigung wegen Abbruch der Forschungsförderung nicht weitergeführt werden. Ursprünglich war angedacht, dies als Teil der Gesundheitsförderung36 in ostdeutschen Päventionsprojekten stärker zu verfolgen. 32Heinemann LAJ, Dinkel R, Görtler E. Life expectancy in Germany: Possible reasons for the increasing gap between East and West Germany. Rev Environm Health 1996; 11:15-26. 33Heinemann L, Barth W, Hoffmeister H.Trend of cardiovascular risk factors in the East German Population 1968-92. J Clin Epidemiol 1995; 48:787-795 34Heinemann LAJ, Garbe E, Claßen E, Willich SN, Barth W, Thiel C.Trends im kardiovaskulären Risikofaktorenprofil in Ostdeutschland. Deutsch Med Wochenschr. 1998; 123:889-895. 35Heinemann LAJ, Jones DH. Assessment of physical activity in East Germany.Ann. Epidemiol. 1993; 3: 86-89. 36Powell KE, Kreuter MW, Stephens T, Marti B, Heinemann L. The dimensions of health promotion applied to physical activity. J. Public Health Policy 1991; 12: 492-509.

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