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ZEG_Chronicle

16 Epidemiologische Situation der Herzkreislauf- Krankheiten 1975 bis ca. 1984: analytisch/beobachtende und Inter- ventionsstudien Das Ergebnis der ersten deskriptiven epidemiologischen Bevölkerungs-Studien war, dass eine relativ gute Kenntnis über die Verteilungen von Gesundheitsrisiken in Ostdeutschland vorlag, sehr frühzeitig Kenntnisse über die Häufigkeit von krankheitsrelevanten Grenzwertüberschreitungen von Mess- und Laborwerten beigesteuert werden konnten. Damit konnte ein ganz erheblicher Beitrag zur Entwicklung von klareren Krankheitsdefinitionen wie Hypertonie und Hypercholesterinämie und anderen Lipidstoffwechselstörungen für die Klinik erbracht werden. Es erfolgten auch schrittweise Beiträge zur MachbarkeitundEffektivitätvonPräventionsmaßnahmen bei Patienten und in Bevölkerungsgruppen (z.B. auch in Betrieben). Zudem wurde die Interaktion verschiedener Gesundheitsrisiken intensiv untersucht und letztlich konnten aus den über lange Zeiträume vorliegenden Daten grobe Schätzungen der Entwicklung von Gesundheitsrisiken in der ostdeutschen Bevölkerung ermöglicht werden. Daraus ergaben sich bereits in den 1970er und frühen 1980er Jahre wesentliche Beiträge zur kritischen Beurteilung der Effektivität der Arbeit des Gesundheitswesens, z. B. der nicht nur regional sondern landesweit ungenügenden Effektivität der Hypertoniebehandlung. Wissenschaftliche Entwicklung und Testung des Präventionskonzepts Von1974-1979fandenvieleKonferenzenzurBekämpfung von Herzkreislaufkrankheiten statt, auf denen wissen- schaftliche und praktische Aspekte der Prävention beraten wurden. Das traf auch innerhalb des Ostblocks und besonders der DDR zu. Das war wissenschaftlich aber auch gesundheitspolitisch determiniert. Aus Sicht Ostdeutschlands hatte es einen starken politischen Hintergrund, der in Richtung der Anerkennung der DDR zielte: 1974 erste WHO Beratung zu vereinfachten Herzinfarktregistern in der DDR (Berlin) (Abb.6a) 1976 WHO Tagung zur Prävention der Koronaren Herzkrankheit in Berlin (Abb. 6b) 1979 Tagung der Working Group for Epidemiology and Prevention of CHD in Dublin (Abb.6c) Mitteder1970erJahrebeganndieVorbereitungderersten Langzeit-Pilotprojekte zur primären und sekundären PräventionderHKKinderBevölkerung.Dabeihandeltees sich um Projekte, die ganze Gemeinden oder gar größere Regionen einbeziehen sollten. Das Nord-Karelien Projekt (Finnland) war damals das erste und umfassendste wissenschaftliche Modell-Projekt. Schleiz –Dippoldiswalde Pilot Projekt Nach dem wissenschaftlichen Modell-Beispiel für umf- assende gemeindebezogene Bekämpfungsprogramme der Herzkreislaufkrankheiten, dem North Karelia Project in Finnland, wurde in einem Interventionskreis (I-Gebiet), dem Kreis Schleiz im Vogtland, versucht die Voraussetzungen für die Einführung von umfassenden Gesundheitsförderungsmaßnahmen sowie die Möglich- keiten der wissenschaftlichen Bewertung der erzielten Effekte zu schaffen (Abb. 8 a,b). Das geschah nach VerhandlungenmitdenlokalenVertreternunterAnleitung der Berliner Epidemiologen, speziell Heinemann. EinevergleichbareMethodikwurdeimKontrollterritorium (K-Gebiet), dem Kreis Dippoldiswalde etwa 300 km entfernt von Schleiz, südlich von Dresden, angewendet. 1976wurdedasProjektinnerhalbdes„normalen“Gesund- heitswesensbegonnen.Interventionsmaßnahmenwaren: Veranstaltungen zur Erläuterung gesunder Lebensweise über URANIA und betriebliche Möglichkeiten bzw. Weiterbildung, Werbung für sportliche Freizeitaktivitäten mit konkreten Angeboten, Kurse zu gesunder Ernährung, Beeinflussung des Angebots von Lebensmitteleinrichtungen, Vorträge in Schulen, Angebot von Vorsorgeuntersuchungen. Das heißt, es waren keine spektakulären neuen Einflussmöglichkeiten, neu war jedoch der Versuch die gesamte Bevölkerung einzubeziehen, was natürlich nur für einen Teil der Bevölkerung und schrittweise gelang. 1981 erfolgte die erste Auswertung des 5-Jahres- Pilotprojekts. Der Vergleich der kardiovaskulären Risikofaktoren erfolgte mittels Befragungs- und Untersuchungs- Surveys an Zufallsstichproben der Bevölkerung 1976 und 1981 (in beiden Kreisen). Die Blutdruck-Verteilung verschob sich nach 5 Jahren – allerdings nicht signifikant – zu niedrigenWerten im Kreis Schleiz, blieb jedoch unverändert im Kontroll-Gebiet. Dennoch nahm der Anteil bekannter Hypertoniker im Interventionsgebietvon52%auf78%zu,unterbekannten Hypertonikern stieg der Anteil Behandelter von 41% auf 71%undderdereffektivindenNormalbereichgesenkten Hypertoniker von 21% auf 35%. Der mittlere Cholesterol- Spiegel änderte sich im I-Gebiet nicht, zeigte aber einen kleinen, nichtsignifikanten Anstieg im K-Gebiet (wie in Ostdeutschland insgesamt). Der Körpergewichts-Index stieg geringfügig und nichtsignifikant im I- und K-Gebiet an, wobei die körperliche Inaktivität in der Freizeit zwar in beidenVergleichskreisen abgenommen hatte, aber die Ernährung nicht günstiger geworden war, was aber auch bei dem schmalen Angebot an kalorienreduzierten und vegetabilen Nahrungsmitteln nicht verwundern konnte.

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