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ZEG_Chronicle

77 Daraus ergab sich die interessante Frage, wieweit die Langzeitentwicklung der Herzinfarkt-Neuerkrankungs- rate und 28-Tages-Sterblichkeit bessere Langzeittrends seit den frühen 1970er Jahren zeigen und damit als positiver Ausweise der nachweislichen starken Bemühungen um die sekundäre, jedoch in geringerem Ausmaß um die primären Prävention der Herzkreislauf- Krankheitengewertetwerdenkönnte.DieDatenbasiswar unter Nutzung der Daten der DDR-MONICA-Register bis Ende der 1980er Jahre vorhanden und die verwendeten Methoden (standardisierte Herzinfarktregister) hinrei- chend vergleichbar30. Es sei daran erinnert, dass das staatliche Herzinfarkt- Bekämpfungsprogramm in den 1970er Jahren in Ostdeutschland aufgebaut worden war, unter anderem wegen des epidemiologisch dokumentierten hohen Bevölkerungsrisikos und der gefundenen Defizite in der Medizinischen Versorgung, die zu dieser Zeit in allen Ländern vergleichbar defizitär war. Leider wurde keine Reduktion der altersspezifischen Herzinfarkt- Neuerkrankungsraten bei Frauen im Alter von 25-64 Jahre beobachtet, bei Männern sogar ein leichter Anstieg im Vergleich zu den 1970er Jahren. Interessanterweise schienen diese Trends deutliche Ähnlichkeiten mit den Trends der kardiovaskulären Risikofaktoren aufzuweisen, besonders Blutdruck, aber auch mit den Mortalitätsraten bei Männern wie Frauen. Das heißt, es wurde auch kein überzeugender Abfall der Herzinfarkt-Sterblichkeit (28 Tage) in dieser Periode beobachtet, trotz der ernormen Investitionen in die Akutbetreuung (Schnelle Hilfe-System, Intensiv- und Koronarstationen usw.). Daraus musste der Schluss gezogen werden, dass das Herzinfarkt- Bekämpfungsprogramm auch hier seine Ziele nicht erreicht hat, d.h. sowohl sekundäre aber besonders primäre Prävention auf eine deutlichere Verbesserung weiter harren. Wie die Vergleiche des Risikofaktor-Profils mit Westdeutschland in den frühen 1990er Jahren, für welche inzwischen Zahlen vorlagen, zeigen (siehe unten), sollte zumindest das Niveau der Risikofaktoren in der ostdeutschen Bevölkerung dem der westdeutschen schnellstmöglich angeglichen werden. Vergleiche mit den westdeutschen Herzinfarktregistern Ende der 1980er Jahre zeigten jedoch zur allge- meinen Überraschung, dass die Unterschiede bei Neuerkrankungsrate und Sterblichkeit zwischen Ost und West eher marginal, falls überhaupt vorhanden waren.31 Die Herzinfarkt-Neuerkrankungsraten 1985-1989 in Westdeutschland (Bremen und Augsburg) waren ähnlich zu denen in ausgewählten ostdeutschen Regionen (Chemnitz, Erfurt, Zwickau), obwohl die offizielle Mortalitätsstatistik im Osten höhere Werte zeigte als im Westen (methodisch bedingt). Hingegen gab es kaum Unterschiede in der Mortalität, validiert mit der MONICA- Methodik.DieMONICA-validiertenMortalitätsratenlagen in allen Zentren höher als in der offiziellen Statistik. Die prähospitale (Früh-) Sterblichkeit war jedoch z.B. höher in Erfurt als in Bremen, aber keine nennenswerten Unterscheide wurden bei der 28-Tage Sterblichkeit bei Männernbeobachtet,wohlaberbeiFrauenzuUngunsten des Ostens. Das scheint auf einen Nachholbedarf in der Betreuung von Frauen im Osten hinzuweisen. Die gefundenen Unterschiede von Lebenserwartung, Mortalität und speziell Herzkreislauf-Sterblichkeit zu Ungunsten von Ostdeutschland erforderten nähere Analysen zu den Trends des kardiovaskulären Risikos der Bevölkerung und Überlegungen, wann sich die Entwicklung der beiden deutschen Staaten getrennt haben könnte und warum. Seit den späten 1980er Jahren war jedenfalls die Lebenserwartung bei Geburt im Osten etwa 3 Jahre niedriger als imWesten geworden, während sie in den 1950er Jahren vergleichbar war. Ende der 1980er Jahre war es den Berliner Epidemiologen in Kooperation dem Bamberger Demographen Dinkel gelungen, erstmalig eine Zusammenstellung aller Sterbetafeln einschließlich Todesursachen seit 1900 für die deutsche Bevölkerung insgesamt zu erstellen. Das war besonders für die Zeit nach dem 2. Weltkrieg eine schwierige Aufgabe, weil die Auffindbarkeit problematisch war (z.T. handgeschriebene Angaben/ Tabellen aus ganz verschiedenen Archiven) aber auch weil die Regeln für die Todesursachenklassifikation vielfach gewechselt hatten. 30Barth W, Heinemann L. Trends of acute myocardial infarction morbidity and case fatality in East German since 1970. European Heart Journal 1994; 15 : 450-453 31Barth W, Löwel H, Lewis M, Classen E, Herman B, Quietzsch D, Greiser E, Keil U, Heinemann LAJ, Voigt G, Brasche S, Böthig S. Coronary heart disease mortality, morbidity and case fatality in five East and West German cities. 1985-1989. J Clin Epidemiol. 1996; 49:1277-1284

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